Treppen sind es auch die mich zum Friedhof führen. In meinem Morcoter Reiseführer wird der Schriftsteller Piero Chiara zitiert, demzufolge der Friedhof "nichts Düsteres an sich hat und eine Ausstellung von marmornen Erinnerungen zu sein scheint, unterbrochen durch vereinzelte Zypressen oder schmale Beete". "Sterben ist schön" steht an der Kirche und genau das scheint der Friedhof vermitteln zu wollen mit seinen unzähligen Kunstwerken und Mausoleen; selbst eine Plastik von Henry Moore ist hier zu bewundern (sie ziert das Grab von Carlo Bombieri).
Hier nun suche ich die Gräber von Alexander Moissi und Eugene d'Albert. Wie mein Reiseführer auf die Idee kommt, das der Grabstein Moissis "viersprachig den Betrachter auf seine letzte Stunde hinweist" bleibt mir ein Rätsel:
Über Moissi schreibt Hauptmann in seinem Aufsatz "Deutschland und Shakespeare":
"Ich vergesse das Antlitz des zum Tode traurigen Spaßmachers nicht, wenn er im letzten Akt vor die Rampe tritt, um seine schwermutsvolle Moral herunterzuleiern. Ich wurde an Golgatha erinnert. In einem Augenblick ward meine Seele durch die Schlachtfelder, Schlafzimmer und Schreckenskammern der Königsdramen, mit Hamlet über die Terrasse von Helsingör bis zum Schädel Ypricks, an den Leichen Opheliens, Des-demonas, König Duncans und, ach, wie vieler anderer vorübergeführt: — »Hop heisa, bei Regen und Wind!«Fast ebenso schlicht wie das Grab Moissis (im Vergleich zu den vielen umgebenden Mausoleen) ist dasjenige von Eugene d'Albert. Der Komponist, der insbesondere mit seiner Oper "Tiefland" (hier das Libretto: http://www.opera-guide.ch/libretto.php?id=11&uilang=de&lang=de) berühmt wurde, zählte zum engeren Freundeskreis Hauptmanns, den Hauptmann in einem Gedicht 1927 als "hochverhrten Nachbarn auf dem Parnass" bezeichnete.
Das war mehr als des Narren, das war Shakespeares Geist. Es war sein Antlitz, einem gemarterten und gekreuzigten Gotte ähnlich." (CA, VI, 929)
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